Das große Fiskalpaket hat Bundestag und Bundesrat passiert. Deutschlands Schuldenpläne haben den Anleihemarkt – quasi über Nacht – gehörig in Schwung gebracht. Welche Chancen sich daraus für Anlegerinnen und Anleger ergeben könnten, erläuterte Tugrul Kolad, Head of Fixed Income bei Amundi Deutschland, im ausführlichen Interview.
Das geplante Fiskalpaket der neuen Bundesregierung in spe hatte bereits deutliche Auswirkungen auf die Anleihemärkte. Was beobachten wir derzeit konkret?
Bei den 10-jährigen deutschen Staatsanleihen, den sogenannten BUNDs, haben wir einen beachtlichen Renditesprung gesehen. Vom vorherigen Niveau um die 2,2% bis 2,3% machten die BUNDs innerhalb eines Tages nach der Ankündigung des rekordverdächtigen Schuldenpakets einen Satz auf 2,9%. So einen Anstieg sieht man nicht alle Tage.
Warum reagierte der Markt auf diese Weise?
Das Volumen der geplanten Schuldengelder ist enorm. Insgesamt dürfte das Paket am Ende über 1,5 Bio. Euro liegen. Wenn man bedenkt, dass der Markt für Bundesanleihen momentan ein Volumen von rund 1,7 Bio. Euro hat, und sich somit in den nächsten zehn bis zwölf Jahren nahezu verdoppeln wird, erkennt man diese signifikante Ausweitung des Angebots an Staatsanleihen auch als Grund für den Renditeanstieg.
Könnten die Renditen auch noch weiter steigen?
Da müssen wir zuerst auf die Bonität Deutschlands blicken. Zwar werden sehr hohe Schulden aufgenommen, aber unsere Bonität sehe ich dadurch nicht gefährdet. Schließlich haben wir ganz andere Spielräume als viele Länder. Deshalb dürften wir auch das AAA-Rating behalten. Eine Modellbetrachtung könnte uns helfen auszuleuchten, welches Renditeniveau perspektivisch denkbar wäre: Die Zunahme des Budgetdefizits um 1% führt danach zu einem Anstieg der Anleiherenditen von 0,3% oder 0,4%. Das heißt im Umkehrschluss, dass im aktuellen Anstieg ein zusätzliches Budgetdefizit von 1,5-2% eingepreist wurde – was ich sehr realistisch finde. Somit ist das aktuelle Niveau attraktiv für einen Neueinstieg oder eine Neupositionierung im Anleihebereich.
Was sollten Anlegerinnen und Anleger demnach beachten?
Zum einen, dass diese Entwicklung bei den deutschen Staatsanleihen eher sukzessive geschieht. Im zweiten Quartal 2025 dürfte sich nicht viel tun, im dritten Quartal werden dann vielleicht 20-30 Mrd. Euro neu emittiert. Die größeren Effekte dürften wir erst 2026 und kontinuierlich in den Folgejahren bis 2030 und darüber hinaus sehen. Anlegerinnen und Anleger mit einem ausgeprägten Schutzbedürfnis könnten deshalb übrigens auch über Pfandbriefe oder bonitätsstarke Unternehmensanleihen nachdenken. Denn hier dürfte sich das Emissionsvolumen nicht so stark ausweiten wie bei den Staatsanleihen.
Mit Blick auf die USA konnte man jüngst beobachten, dass die Rezessionsängste wieder zunehmen. Warum?
Bis zum Amtsantritt Trumps war die Erwartung, dass Steuersenkungen kommen, und trotz möglicher Zölle die Konjunktur stabil bleiben würde. In den letzten Wochen haben wir dann eine verwirrende Zollpolitik erlebt und auch Massenentlassungen im öffentlichen Sektor. Das beunruhigt Bürger wie Märkte in den USA. Da ja privater Konsum und Kapitalinvestitionen die besonderen Treiber der US-Konjunktur waren, bremsen diese Unsicherheiten nun. Das sehen wir auch an der sinkenden Stimmung im Lande, die wichtige Indikatoren bereits anzeigen. Eine schwächere Konjunktur wäre eine mögliche Folge.
Wie dürfte die Fed darauf reagieren?
Auch die US-Notenbank ist mit den gleichen Unsicherheiten konfrontiert und dürfte deshalb weiter abwarten. Wir gehen allerdings davon aus, dass die Fed die Leitzinsen dann im Zeitverlauf um 50 Basispunkte senken wird, mutmaßlich aber erst in der zweiten Jahreshälfte.
Das bedeutet für Anlegerinnen und Anleger konkret?
Anleihen, gerade im Euroraum, sind aktuell attraktiv. Das heißt, generell kann eine Aufstockung des Anleiheanteils in einem diversifizierten Gesamtportfolio aus unserer Sicht sehr sinnvoll sein. Alle, die sich weitere Zusatzerträge wünschen, könnten dann noch über die bereits erwähnten Unternehmensanleihen aus dem Investment-Grade-Sektor nachdenken sowie Pfandbriefe oder auch Covered Bonds.
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