Trumps geplante Zolloffensive hält die Märkte weiter in Atem. Prof. Dr. Lisandra Flach, Leiterin des ifo Zentrums für Außenwirtschaft, erläuterte als Gastreferentin beim „Amundi CIO-Update“ am 20. Februar, womit Kapitalanleger perspektivisch rechnen sollten. 

Frau Prof. Dr. Flach, täuscht der Eindruck oder gerät der freie Welthandel in letzter Zeit immer mehr unter Druck?

Unsere Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Anzahl protektionistischer Maßnahmen im Vergleich zu liberalisierenden Initiativen insbesondere seit 2020 deutlich zugenommen haben. Gründe hierfür waren neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie vor allem geopolitische und sicherheitspolitische Gründe, etwa im Zuge des Ukraine-Russland-Konflikts.

Gleich nach Amtsantritt hatte Donald Trump Strafzölle gegen Importe aus Mexiko, Kanada und China angekündigt. Auch für Segmente wie die Stahl- und Aluminium-Industrie, Auto- und Chip-Hersteller sowie Pharmazie sind ab März bzw. April Zölle avisiert. Auf was müssen wir uns da konkret einstellen?

Das wird sich erst nach und nach zeigen. Denn bislang sind nur die 10% Extra-Zölle für China wirklich eingeführt. Dieser vergleichsweise niedrige Wert deutet eventuell darauf hin, dass Trump hier nicht mit Verhandlungen rechnete. Die deutlich höheren 25% für Mexiko und Kanada sind ja beispielsweise immer noch in der Schwebe. Offenbar kalkuliert der neue US-Präsident noch mit der Möglichkeit von Zugeständnissen. Dieser Ansatz, einen „Deal“ zu machen, könnte auch noch bei den Zoll-Ankündigungen für die genannten Industrie-Sektoren eine Rolle spielen.

Sie haben aktuell untersucht, wie sich Protektionismus und restriktivere Zölle auf einzelne Weltmächte und -regionen auswirken würden. Wer würde profitieren?

Generell lässt sich zuerst festhalten, dass die Weltwirtschaft in einem solchen Szenario insgesamt viel zu verlieren hätte. Auch das erklärte Ziel einer Abschottung bliebe illusorisch, denn sie führt eben wirtschaftlich nicht zu mehr Versorgungssicherheit und Resilienz. Allerdings dürfte es zu gewissen Machtverschiebungen kommen: China würde im Falle einer geoökonomischen Fragmentierung mehr verlieren als die EU oder die USA. Deutschland hingegen wäre aber wegen seiner starken internationalen Verflechtung besonders verwundbar. Eine starke Fragmentierung des Welthandels und eine Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland könnte uns bis zu 10% unseres BIP kosten. Einige blockfreie Länder dürften allerdings in so einem Szenario auch gewinnen.

Warum?

Das Beispiel des Handelskrieges zwischen USA und China seit 2018 hat gezeigt, dass die direkten Verflechtungen zwischen den USA und China abgenommen haben, während die Bedeutung von indirekten Verflechtungen über Verbindungsländer wie Vietnam oder Mexiko zugenommen hat. 

Würde Trump nun beispielsweise 60% Zölle auf China und 20% auf andere Handelspartner erheben, wie könnte sich das konkret auf Deutschlands Exporte auswirken?

In unserer ifo-Studie kommen wir hier auf ein signifikantes Minus von 14,9% bei den Exporten in die USA, aber auch auf -9,6% bei den Exporten nach China.

Wieso würde das gerade Deutschland so hart treffen?

Schlicht, weil die USA unser größter Handelspartner sind. Die starken deutschen Sektoren Autos, Maschinen und Pharmazie machen 60% der deutschen Güterexporte in die USA aus. Und genau das sind die Bereiche, die von Trumps Zollplänen besonders betroffen wären.

Ein zunehmender Handelskonflikt oder gar ein Handelskrieg zwischen den USA und China gilt für die nächsten Jahre als wahrscheinlich. Wer bezahlt das letztlich?

Alle werden einen Preis dafür zahlen müssen, jedoch der US-Konsument wird den Löwenanteil davon übernehmen. Zum einen in Form einer geringeren Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft, sowie über höhere Preise.

Wie könnte sich die EU gegen die bevorstehende Zoll- und Handels-Auseinandersetzung wappnen?

Die EU als Ganzes hat eine enorme Marktmacht, das sollte sie sich bewusst machen. Deshalb ist die europäische Koordinierung so wichtig und sind nationale Alleingänge zu vermeiden. Beim Wunsch nach De-Risking sollten gegenseitige Abhängigkeiten und sicherheitspolitische Aspekte berücksichtigt werden. Auch müssten glaubwürdige Vergeltungsmaßnahmen der EU vorbereitet werden. Darüber hinaus gilt es die europäischen Absatzmärkte zu diversifizieren und neue Handelsabkommen zu schließen. Hier braucht es deutlich mehr Pragmatismus und Flexibilität als in der Vergangenheit, wie das Beispiel des langwierig verhandelten Mercosur-Abkommens eindrücklich gezeigt hat.

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Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 20.02.2025. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.