Neue Regierung: Märkte rechnen mit Wiedererstarken der deutschen Wirtschaft

In der aktuellen Spezialausgabe des Amundi CIO-Updates zur Bundestagswahl erläuterte Amundi Deutschland CIO Thomas Kruse, wie die Börsen auf das Ergebnis bislang reagiert haben, und welche Auswirkungen für Kapitalanleger zu erwarten sind. Der bekannte Journalist und Politikwissenschaftler Hajo Schumacher ergänzte die Analysen mit Insights aus dem „politischen Berlin“. 

Nach dem Wahlkrimi verzieht sich der Trubel nun etwas. Wie bewerten die Börsen das Ergebnis und welche Herausforderungen warten nun auf eine neue Regierung?

Kruse: Die Börsen reagieren gerade grundsätzlich positiv. Die Bildung einer Zweier-Koalition zwischen der Union und SPD ist das wahrscheinlichste und auch ein machbares Szenario, von dem nun die nötigen positiven Impulse für den Standort und die Wirtschaft erwartet werden. Die Regierungsbildung und somit eine uneingeschränkte Handlungsfähigkeit Deutschlands müssten auch zeitnah bis Ostern möglich sein. Kernpunkte der Koalitionsverhandlungen werden nun etwa die Möglichkeiten zur Reform der Schuldenbremse und die Stärkung der Wirtschaft durch Entbürokratisierung, Steuererleichterungen sowie die Senkung der Energiepreise sein. 

Wieso steht eine mögliche Reform der Schuldenbremse nun so im Fokus?

Kruse: Insbesondere, weil AfD und Linke über eine sogenannte Sperrminorität verfügen, also wirksam eine 2/3-Mehrheit der anderen Parteien verhindern könnten. Diese Mehrheit wäre nötig, weil für eine Reform der Schuldenbremse die Verfassung entsprechend geändert werden müsste. Der Union geht es hier vor allem um die Finanzierung der erwartbar hohen Rüstungsausgaben und eine Erweiterung des Handlungsspielraums in wirtschaftlich schlechten Jahren. 

Was wird international von der neuen Regierung Merz erwartet?

Kruse: Neben einer Steigerung der Verteidigungsausgaben erwarten vor allem unsere europäischen Partner ein Wiedererstarken der deutschen Wirtschaft sowie die Rückkehr der EU als signifikanter Machtfaktor in der internationalen Politik.

Herr Schumacher, als Insider des „politischen Berlins“: Wird Friedrich Merz diese hochgesteckten Erwartungen erfüllen können?

Schumacher: Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen wird entscheidend sein, ob er nach einem hitzigen Wahlkampf ein positives Gesprächsklima für die Verhandlungen mit der SPD schaffen kann, um sich so als Kanzler des demokratischen Deutschlands zu präsentieren. Ich bin gespannt, ob er das hinbekommt. International hat er schon viel richtig gemacht, indem er die Achse Paris-Berlin-Warschau betont, also auch die Osteuropäer auf Augenhöhe einbindet. Als ehemaliger EU-Parlamentarier liegt ihm Europa im Blut, das dürfte ein Vorteil sein. Innenpolitisch kann er der Spaltung des bürgerlichen Lagers nur entgegenwirken, wenn er sich ein Stück von der harten Parteilinie entfernt und die Arme ausbreitet. Abseits aller Sachfragen heißt die wichtigste Währung Vertrauen.

Herr Kruse, was bedeutet dieser Ausblick denn nun für die Anlagestrategie der Kapitalanleger?

Kruse: Trotz einer gewissen Volatilität hellt sich die Stimmung an den Aktienmärkten etwas auf. Die Zinsen sind nun leicht angestiegen. Mit Blick auf die mögliche Reform der Schuldenbremse sowie den hohen Kapitalbedarf allgemein laufen die Spreads für Staatsanleihen in der EU bereits zusammen und ein Anstieg der deutschen Schulden wird erwartet. Generell rechnen viele Experten mit Impulsen für deutsche Unternehmen durch sinkende Steuern sowie beispielsweise auch durch die steigenden Rüstungsausgaben. Das Zusammenrücken der Europäer sehen wir bei Amundi positiv. Das sollte auch die Chancen europäischer Aktien stützen – zumal die Notenbankpolitik der EZB künftig expansiver sein sollte, als die der Fed. 

Mit der neuen Trump-Regierung hat sich das deutsch-amerikanische Verhältnis und auch das der USA zu Europa angespannt. Wie sollte Friedrich Merz darauf reagieren?

Kruse: Er wird als Kanzler diese Achse wieder neu beleben müssen und sollte zudem betont als Europäer in die USA reisen. Denn das Gewicht der EU in den transatlantischen Beziehungen sollte eine wichtige Konstante bleiben. Das ist auch mit Blick auf die Zollpolitik Trumps wichtig, denn neben der nun angestrebten Zollangleichung könnten immer auch provokante Zollandrohungen zur Durchsetzung bestimmter politischer sowie wirtschaftspolitischer Ziele ins Spiel gebracht werden – allein deshalb sollte man gesprächsbereit sein und bleiben. 
 

Rechtliche Hinweise

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