Im letzten Amundi CIO-Update des Jahres 2024 gaben die CIOs Thomas Kruse (Amundi Deutschland) sowie Dr. Philip Gisdakis (HypoVereinsbank) zusammen mit Helen Windischbauer, Head of Multi Asset Solutions (Amundi Deutschland), einen Ausblick auf das kommende Börsenjahr. Im ausführlichen Live-Talk analysierten die renommierten Anlageprofis die möglichen Auswirkungen von Donald Trumps angekündigter Politik und erklärten, welche Chancen und Risiken Anlegerinnen und Anleger momentan besonders beachten sollten.

Wir erleben gerade bewegte Zeiten, mit Börsenrekordständen auf der einen Seite und einer Häufung geopolitischer Krisen anderseits. Wo lassen sich momentan die Lichtblicke ausmachen?

Kruse: Ich würde sagen, die reine Wirtschaftsentwicklung sieht in den USA recht gut aus. Wir hatten 2024 deutliches Wachstum mit voraussichtlich 2,7% und auch im nächsten Jahr rechnen wir noch mit 2,1%. Eine Rezession ist also vom Tisch und auch die Frühindikatoren deuten momentan auf ein Soft Landing hin. Allerdings könnte die zweite Amtszeit von Donald Trump auch noch zu gewissen Auf- oder Abwärtstrends sorgen, weshalb wir hier einen gewissen Vorbehalt sehen.

Welche ambivalenten Punkte würden Sie herausgreifen?

Kruse: Beim Arbeitsmarkt sehen wir eine allmähliche Abkühlung, aber die Gefahr eines Angebotsmangels wegen der restriktiven Einwanderungspolitik Trumps. Der Inflationsrückgang dürfte sich fortsetzen, aber die geplanten Zölle und die Migrationspolitik könnten ebenso gut zu einem Wiederanstieg der Preise führen. Auch in der Finanzpolitik sollten zwar Deregulierung und Steuersenkungen wachstumsfördernd wirken, aber Defizite und Staatsverschuldung könnten signifikant ansteigen. 

Was lässt sich aus Marktreaktionen seit Trumps Wahlsieg mit Blick auf die Geldpolitik ablesen?

Dr. Gisdakis: Seit der Wahl hat der Kapitalmarkt die Erwartung über den Zinssenkungspfad in den USA und Europa weiter ausdifferenziert: Für die USA wird nun wegen der möglicherweise inflationsfördernden Wirkung von Trumps angekündigten Maßnahmen eine weniger starke Zinssenkung erwartet. Für Europa hingegen rechnet der Markt mit einer deutlicheren Leitzinssenkung durch die EZB. Das sieht man insbesondere am Auseinanderlaufen der Renditelücke zwischen 10-jährigen „Bunds“ sowie 10jährigen US-Anleihen, noch deutlicher aber bei den jeweiligen 2-jährigen Anleihen. 

Wie steht es um Europas Wirtschaft? Ist sie ähnlich robust wie die US-Ökonomie?

Kruse: Wir haben in Europa strukturelle Probleme, die sich auch in deutlich niedrigeren Wachstumszahlen ausdrücken, aber die Richtung stimmt. Dieses Jahr dürften es +0,8% Wachstum werden, 2025 dann 1,0%. Die Transformation in einigen zentralen Wirtschaftsbereichen bremst also weiterhin die Wachstumsdynamik, doch der Konsum ist recht stabil. Auch die Sparquote ist aktuell höher, sodass wir 2025 mit dem sukzessiven Abschmelzen dieser Mittel und somit einer Stabilisierung des Wirtschaftswachstums rechnen. 

Was bedeutet das für Anlegerinnen und Anleger in Aktien?

Windischbauer: Grundsätzlich können Investoren optimistisch auf die Aktienmärkte blicken, denn sie werden überwiegend von robustem Wachstum getragen und zudem von den Notenbanken mit Zinssenkungen unterstützt. Doch auch Risiken sollten nicht außer Acht gelassen werden, die sich insbesondere aus drei aktuellen Anomalien ergeben: Erstens einer historisch niedrigen Volatilität, zweitens der allgemein hohen Bewertung, beispielsweise des S&P 500, sowie drittens der sehr hohen Marktkapitalisierungskonzentration der „Magnificent Seven“. Ein Begriff, der die sieben großen weltmarktführenden Tech-Unternehmen bezeichnet. Deshalb könnten aktuell beispielsweise sogenannte Value-Aktien – also unterbewertete Titel etablierter und fundamental gesunder Unternehmen – eine interessante Alternative für Aktienanleger sein. 

Dr. Gisdakis: Auch wir würden Aktien übergewichten, allerdings eher defensive Sektoren. Dazu zählen wir stabile Segmente wie Food & Beverage oder Healthcare. Für ein Investment in zyklische Werte, wie Chemie oder Maschinebau, fehlt uns noch die Bestätigung der globalen Erholung der Wirtschaft.

Kruse: Wegen der teilweise hohen Bewertungen sollten Investoren selektiv vorgehen, denn abgesehen von den stark nachgefragten „Seven“ hat das Gros der Titel im Index ein KGV von 17 oder 18, was ein Investment nicht zwangsläufig teuer macht. 

Und wie steht es im Bereich festverzinslicher Anleihen?

Kruse: Seit wir wieder eine Normalisierung der Zinsstrukturkurve sehen, sind Bonds generell wieder interessant. Vor allem auch, weil mit Ertragsaussichten je nach Laufzeit um 4% in den USA und 3% in Europa auch der Abstand zu den Aktien gerade nicht allzu groß ist – bei vergleichsweise günstigerem Risiko.

Windischbauer: Diese aktuelle Attraktivität gilt vor allem im Investment Grade-Segment der Anleihen mit guter und sehr guter Bonität. Hier bewerten wir insbesondere europäische Anleihen als attraktiver im Vergleich zu ihren US-Pendants. Außerdem sei nicht unerwähnt, dass sich die Zinsstrukturkurve gerade laufend weiter normalisiert, was vor allem in Multi-Asset-Portfolios eine positive Wirkung entfalten kann. Auch insofern ist es also für einen Einstieg in einen Mischfonds alles andere als „zu spät“.
 

Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 12.12.2024. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.