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Mahmood Pradhan, Head of Global Marco Economics, Tristan Perrier, Marco Economist & Investment Insights Specialist sowie Annalisa Usardi, Head of Advanced Economy Modelling, vom Amundi Investment Institute, analysieren die weltweite Produktivität und wovon diese zukünftig angetrieben oder gehemmt werden wird.
Das weltweite Wachstum schwächelt und die langfristigen Aussichten sind wenig vielversprechend. Wirtschaftswissenschaftler verweisen hier auf die deutliche Verlangsamung des Wachstums der Gesamtfaktorproduktivität (Total Factor Productivity Growth TFP). Diese misst, wie effizient der Arbeits- und Kapitaleinsatz zur Produktion von Gütern genutzt wird. Wenn sich der aktuelle Trend fortsetzt, wird das globale Wachstum im nächsten Jahrzehnt wahrscheinlich unter 3 % liegen, verglichen mit knapp 4 % in den beiden Jahrzehnten vor der Pandemie.
Produktivität in der Zukunft
Die Prognosen aufgrund eines geringeren TFP-Wachstums beruhen allerdings weitgehend auf Erfahrungen aus der Vergangenheit. Dazu gehören neben der demografischen Entwicklung die zurückgegangenen Kapitalinvestitionen ebenso wie andere langfristige Trends. Bahnbrechende Innovationen in der (Massen-)Produktion sind spärlich geworden. Die IT hat zwar lange Zeit neue Impulse gegeben, aber diese waren nicht stark genug, um die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe auszugleichen.
Die Produktivität im Dienstleistungssektor verzeichnete in den letzten Jahren ebenfalls keine großen Zuwächse mehr. Das Bildungsniveau der Bevölkerung ist nicht mehr so stark angestiegen wir noch vor einigen Jahrzehnten.
Und einige nachteilige Aspekte ergaben sich aus strengeren Regeln für geistiges Eigentum, die sich auf Innovationen und Fusionen und Übernahmen auswirkten. Weltweit lässt sich auch beobachten, dass der politische Widerstand gegen Strukturreformen und produktivitätssteigernde regulatorische Innovationen zugenommen hat.
Welche für die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums verantwortlichen Komponenten könnten sich ändern und zu optimistischeren Aussichten führen? Das sind weder der weiterhin starke demografische Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in den meisten Industrie- und vielen Schwellenländern noch die Kapitalinvestitionen.
Die Bruttoanlageinvestitionen in Sachanlagen gingen zurück und wurden gemäß des McKinsey Global Institutes nicht vollständig durch den Anstieg der Investitionen in immaterielle Güter ausgeglichen.
Ist der Trend weiter positiv?
Immerhin haben die USA nach der Pandemie und den Energiepreisschocks eine bemerkenswerte Produktivitätssteigerung verzeichnen können. Die annualisierten Zuwächse von rund 2,5 % in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres waren die stärksten seit 2010. Massive politische Eingriffe – durch den Inflation Reduction Act geförderte Investitionen und Konjunkturmaßnahmen – haben dazu beigetragen.
Aber auch ein signifikanter Anstieg der Unternehmensgründungen und der Optimismus bezüglich der Chancen, die KI eröffnet, haben bei den Anlegern für großen Optimismus gesorgt. Die Produktivität im Euroraum ist dagegen seit 2020 um etwa 0,2 % gesunken. Es ist noch zu früh, einzuschätzen, ob Europa eine Wiederbelebung der Produktivität erleben wird.
Es gibt jedoch wichtige politische Punkte auf der Agenda: die Kapitalmarktunion, die Investitionen ankurbeln könnte, das Streben nach einer Netto-Null-Klimapolitik, die Anreize für private Investitionen bieten könnte, und die Rückkehr zu makroökonomischer Stabilität.
Der Einfluss von KI
Makroökonomisches Wachstum aufgrund des Einsatzes von KI wird sich allerdings wohl erst mittelfristig zeigen. Wir gehen in unseren Amundi Capital Market Assumptions 2024 davon aus, dass die Einführung von KI drei Phasen durchlaufen wird: zunächst einen begrenzten Einsatz (2024-2033), gefolgt von einer stärkeren Verbreitung (2034-2043) und schließlich eine Art Normalisierung, in der die neuen Technologien dann abnehmende Erträge liefern (2044-2053).
Es bestehen aber erhebliche Unsicherheiten darüber, wie schnell sich die KI durchsetzen wird, und – was noch wichtiger ist – über ihre potenziellen makroökonomischen Auswirkungen. Dies hängt eng damit zusammen, ob die KI Arbeitnehmer eher verdrängt oder ihre Produktivität steigert. Ein OECD-Bericht aus dem April geht von einem erheblichen Produktivitätssteigerungspotenzial durch KI-Technologien aus, räumt aber ein, dass die Schätzungen weit auseinandergehen.
Der IWF kommt zu ähnlichen Schlussfolgerungen, nämlich einem potenziellen langfristigen Wachstumseffekt von 10 bis 80 Basispunkten pro Jahr, aber mit dem Risiko, dass mittelfristig 60 % der Arbeitsplätze durch KI gefährdet sein könnten.
Drohende Arbeitsplatzverluste werden in vielen Ländern auf zahlreiche institutionelle und strukturelle Hindernisse stoßen, was die breite Einführung wahrscheinlich verzögern wird. Die regulatorische Behandlung der KI befindet sich noch in einem frühen Stadium und beschränkt sich in erster Linie darauf, über einen geeigneten Rahmen für den Wettbewerb nachzudenken und weitreichendere Bedenken hinsichtlich Datentransparenz, Datenschutz und möglichen Missbrauch zu äußern.
Im Laufe der Zeit wird sich die Regulierung jedoch zweifellos auf das Tempo und den Umfang des Einsatzes von KI auswirken. Die Regulierung könnte daher auch einen Teil der Produktivitätsgewinne durch KI begrenzen.
Der Anfang einer großen Welle?
Die weltweiten Investitionen in KI nehmen aktuell in allen Sektoren – von der Fertigung bis zu den Dienstleistungen – rasch zu, wobei der Schwerpunkt auf der generativen KI liegt, die Ökonomen als Allzwecktechnologie bezeichnen. Dies stimmt viele optimistisch. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel daran, wie stark KI die Produktivität steigern kann.
Der MIT-Ökonom Daron Acemoglu geht davon aus, dass KI-Investitionen, die sich über viele Sektoren erstrecken, die Produktivität in den nächsten zehn Jahren um 1,0 % bis 1,5 % des BIP steigern werden. Diese "niedrigen" Schätzungen der Produktivitätsgewinne zeigen, dass durch KI erstmal keine starken makroökonomischen Auswirkungen erwartet werden.
Derzeit wird davon ausgegangen, dass sie sich auf die Automatisierung und die Monetarisierung von Daten konzentriert, anstatt neue Aufgaben zu übernehmen. Wenn sich KI dagegen auf die Unterstützung wissenschaftlicher Forschung und die Entwicklung neuer Produkte ausweitet, werden die Gewinne wahrscheinlich höher ausfallen.
Investments in KI direkt
Da sich KI kaum kurzfristig makroökonomisch auswirken wird, wird das Produktivitätswachstum weiterhin von der Demografie und der Investitionsschwäche bestimmt werden. Investitionen in KI-Unternehmen werden aber angesichts des längerfristigen Potenzials ein gesundes Tempo vorlegen.
Daher werden sich Investitionen in erster Linie auf KI-bezogene Aktien im Expansionsmodus beziehen. Wenn KI in die zweite Phase einer breiteren Akzeptanz eintritt, werden sich Produktivität und Investitionen erhöhen. Ein solches Umfeld dürfte die Realzinsen ansteigen lassen, was sich sowohl auf Anleihen und Aktien als auch auf sektorale Umschichtungen innerhalb von Aktien hin zu Unternehmen und Sektoren, die von KI profitieren können, auswirken wird.
Quelleninformationen und weitere Angaben finden Sie im aktuellen Thematic Paper sowie im Amundi Research Center.
Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von dem Amundi Asset Management und sind Stand 11. Juni 2024 (Veröffentlichung des Research). Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung des Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte des Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.