Der Anstieg der Anleiherenditen, US-Aktien (Rekordhochs im Oktober) und europäischen Aktien deutet darauf hin, dass die Märkte ein perfektes Szenario sehen, das sich um starkes US-Wachstum und sinkende Inflation dreht und positive Impulse von der geldpolitischen Lockerung in Europa erhält.

Makroökonomisches Bild

Obwohl wir die Widerstandsfähigkeit der USA zur Kenntnis nehmen, sind wir der Meinung, dass nicht alle Daten in den USA und Europa eindeutig sind. In China lautet die entscheidende Frage, ob die Finanzpolitik die Erwartungen erfüllen und der Wirtschaft einen nachhaltigen Schub verleihen wird. In diesem durchwachsenen Szenario könnten die folgenden Faktoren die Weltwirtschaft antreiben:

  • Die Arbeitskräftenachfrage der Unternehmen geht zurück. Angesichts der Verschlechterung auf dem US-Arbeitsmarkt rechnen wir mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote. Jüngste Daten zeigen eine Fortsetzung des Abwärtstrends bei Stellenausschreibungen, Einstellungen und Lohnwachstum. Die Konsumenten könnten auf diesen sich abschwächenden Arbeitsmarkt mit einer Kürzung nicht unbedingt notwendiger Ausgaben reagieren.
     
  • Der Abwärtstrend bei der Inflation hält in den USA und Europa an. Die Inflation dürfte etwa Mitte 2025 das Ziel der US-Notenbank Fed ungefähr erreichen. Einige Risiken könnten sich aus den hartnäckigen Inflationskomponenten und den politischen Maßnahmen der neuen US-Regierung ergeben. Europa könnte ein ungleichmäßiges Wachstum und eine gedämpfte Binnennachfrage verzeichnen.
     
  • Sollte es zu einer vorübergehenden Volatilität der Inflation kommen, dürften die Zentralbanken diese ignorieren. Die Erwartungen der Märkte an die Fed entsprechen nun eher unseren internen Prognosen von zwei weiteren Zinssenkungen in diesem Jahr. Die EZB hat wie erwartet bereits im Oktober eine Zinssenkung vorgenommen und wird wahrscheinlich in diesem Jahr noch einmal senken.
     
  • Die chinesischen Behörden haben ihre Absicht eines politischen Kurswechsels bekundet, aber eine klare Richtung zur Lösung der Probleme, beispielsweise im Immobiliensektor, ist aus unserer Sicht für eine nachhaltige Wirkung auf das Wirtschaftswachstum unerlässlich.

Assetklassen-Einschätzungen

Bei einem günstigen Ausblick, bei dem sich das Wachstum zwar verlangsamt, aber anhält, und die Inflation sinkt, ist die entscheidende Frage, wie viel von den guten Nachrichten bereits von den Märkten eingepreist wurde. Märkte neigen dazu, schnell auf wichtige Nachrichten zu reagieren, wie es in China und sogar in den USA der Fall war, wo die Renditen auf die Unruhe um die US-Wahlen, Defizite und starke Wirtschaftsdaten reagierten.
Wir erwarten eine leichte Verlangsamung, aber keine Rezession in den USA, und in Europa dürfte das Wachstum akzeptabel bleiben, aber fiskalische Beschränkungen könnten das Umfeld dämpfen. Daher behalten wir eine leicht positive Risikohaltung bei und suchen nach günstigen Gelegenheiten in diesem Umfeld.

  • Anlageklassen-übergreifend: Unser aktiver Ansatz hat uns nun dazu veranlasst, US-amerikanische und chinesische Aktien angesichts von Kursrückgängen bzw. einer besseren Stimmung leicht positiv zu sehen. Wir sind auch für Großbritannien und Japan konstruktiv eingestellt, und auch insgesamt ist unsere Haltung gegenüber Aktien leicht positiv. Auf der anderen Seite halten wir die Stabilität des Portfolios durch US-Staatsanleihen, europäische Anleihen und Gold aufrecht.
    Wir sind auch optimistisch in Bezug auf Schwellenländeranleihen. Bei japanischen Anleihen bleiben wir jedoch vorsichtig und beobachten die Maßnahmen und die Finanzpolitik der Zentralbank, insbesondere nach der jüngsten Schwächung der Regierungskoalition und einem möglichen Nachlassen der finanzpolitischen Disziplin.
     
  • Anleihen: Im Umfeld von Marktvolatilität und sinkender Inflation können Investoren nach unserer Auffassung Chancen aus der Duration nützen – Duration ist eine Maßzahl für die Zinssensitivität von Anleihen. Die Sorgen um die Wirtschaft und das Haushaltsdefizit haben die US-Renditen in die Höhe getrieben und sie attraktiver gemacht als zuvor, aber wir bleiben vorerst nahe der neutralen Positionierung.
    In Europa und Großbritannien sind wir jedoch leicht positiv eingestellt und bevorzugen taktisches Vorgehen. Bei Unternehmensanleihen gefallen uns Euro-Anleihen hoher Bonität (Investment Grade), hier vor allem Banken und Versicherungen. Wir behalten auch unsere Qualitätsorientierung in den USA bei.
     
  • Aktien: Wir sind ausgewogen eingestellt. Wenn Bewertungen hoch, aber Rezessionsrisiken gering sind und die Zentralbanken Zinsen senken, ist zu große Vorsicht nicht angebracht, wie wir meinen. Wir bleiben jedoch selektiv und ausgewogen und bevorzugen Bereiche wie US-Equal-Weighted, also gleichgewichtete US-Portfolien bzw. US-Indizes, die im 3. Quartal eine gute Performance zeigten. Solche Segmente sollten auch von einer Ausweitung der Rallye profitieren. In Europa kombinieren wir unsere Ansichten durch hochwertige zyklische Unternehmen und defensive Aktien aus allen Marktbereichen.
     
  • Schwellenländer: Länderspezifische Stories in den Schwellenländern stimmen uns positiv. Es wird erwartet, dass die Zentralbanken der Schwellenländer ihre Politik aufgrund ihrer eigenen länderspezifischen Dynamik langsamer lockern als die Fed. Dies dürfte die Attraktivität von Schwellenländeranleihen erhöhen. Bei chinesischen Aktien sind wir nahezu neutral eingestellt, bleiben aber bereit, diese Ansicht zu ändern, je nachdem, inwieweit potenzielle Details der Finanzpolitik die Wirtschaft ankurbeln könnten.

Von Vincent Mortier, Group CIO Amundi, und Monica Defend, Head of Amundi Investment Institute.

Quelle: Amundi

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