US-Mega-Caps – Aktien der sehr großen US-Unternehmen – schnitten im ersten Halbjahr deutlich besser ab als der Rest des US-Märkte, was auf eine besser als erwartete Konjunkturentwicklung, KI-Überschwang und überdurchschnittliche Gewinne zurückzuführen war. Für die Zukunft sehen wir Potenzial für eine Ausweitung der Rallye, die nicht linear verlaufen dürfte und wahrscheinlich mehrere Phasen umfassen wird.

Makroökonomisches Bild

Erste Anzeichen für eine solche Rotation gab es vor kurzem, als Inflationszahlen die Chancen auf eine Zinssenkung durch die Fed im September erhöht hatten, und in jüngster Zeit haben Befürchtungen über Einschränkungen in der Chipindustrie diesen Trend weiter unterstützt. Dies eröffnet Chancen in Bereichen und Segmenten, die bisher vernachlässigt wurden (Small Caps, Europa, Japan). Entscheidend sind aus unserer Sicht nun die Gewinnentwicklung sowie die folgenden Themen:

  • Leichte Konjunktur-Abschwächung in den USA im zweiten Halbjahr. Wirtschaftsdaten und Umfragen deuten in diese Richtung. Hauptmerkmale dieser Verlangsamung wären eine Wiederherstellung des Gleichgewichts an den Arbeitsmärkten, eine Abschwächung des Konsums und die Dichotomie zwischen wohlhabenden und einkommensschwachen Verbrauchern.

  • Wenig Spielraum für Fehler in der Geldpolitik. Eine zu frühe Zinssenkung birgt die Gefahr eines späteren Wiederaufflammens der Inflation, während eine verzögerte Zinssenkung eine stärkere Zinssenkung in der Zukunft erforderlich machen könnte. Aus diesem Grund sind die Zentralbanken, darunter die Fed, die EZB und die Bank of England (BoE), geduldig und stützen ihre Entscheidungen auf die aktuellen Daten, die unseres Erachtens den Disinflationspfad bestätigen.

  • Die Verschwendung von Steuergeldern und die hohe Staatsverschuldung dürften die Zinsen beeinflussen. Sowohl die US-Demokraten als auch Trump dürften eine expansive Finanzpolitik betreiben. Je näher die US-Wahlen rücken, desto lauter wird vermutlich die Diskussion über die langfristigen Auswirkungen von Defizitausgaben auf die Kreditkosten. Um die wirtschaftliche Unabhängigkeit und das heimische Wirtschaftswachstum zu stärken, muss Europa möglicherweise lokale Investitionen fördern.

Assetklassen-Einschätzungen

Unserer Meinung nach ist es wichtig, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, auf die Bewertungen zu achten und diszipliniert zu bleiben. Die Märkte sind in einigen Bereichen zu weit gegangen, aber wenn der Auslöser kommen sollte (Wachstumsverlangsamung, Liquiditätskrise, Enttäuschung bei den Gewinnen), kann es zu heftigen und schnellen Bewegungen kommen. Anleger sollten nach unserer Auffassung daher zwischen Titeln mit hohen Bewertungen und solchen mit nachhaltigem Wachstumspotenzial unterscheiden. Im Folgenden erläutern wir die vier Hauptbereiche unserer Anlageüberzeugung:

  • Anlageklassen-übergreifend: Risiken im Zusammenhang mit den US-Wahlen und zusätzlichen Haushaltsausgaben könnten die Renditen mittel- und langfristiger Anleihen beeinflussen. Wir bleiben daher positiv für die Duration in den USA und Europa, haben aber unsere Position leicht angepasst. Duration ist ein Maß für die Zinssensitivität von Anleihen. Nach dem Amtsantritt der neuen politischen. Führung in Mexiko haben wir mexikanische Anleihen herabgestuft, bleiben aber insgesamt weiterhin leicht positiv für Schwellenländeranleihen. Bei Aktien sehen wir zunehmend Divergenzen, so dass wir für Japan eine konstruktive Haltung einnehmen. Für die USA, europäische Small Caps – Aktien kleinerer Unternehmen – und das Vereinigte Königreich sind wir weiterhin leicht positiv gestimmt, haben aber unsere Einschätzung zugunsten der sich verbessernden britischen Binnenkonjunktur etwas präzisiert. Schließlich haben uns die geopolitischen Spannungen und die anhaltende Nachfrage nach Gold zu einer konstruktiven Haltung gegenüber dem Metall veranlasst.
     
  • Anleihen: Die Inflationsdaten in den USA und Europa sprechen für Zinssenkungen, weshalb wir für US-Staatsanleihen und britische Staatsanleihen weiterhin konstruktiv bleiben. Für Kerneuropa sind wir leicht positiv eingestellt, behalten aber eine aktive Haltung bei. In Japan verfolgen wir die Kommunikation der Bank of Japan (BoJ) sehr genau und sind nun nahezu neutral eingestellt. Treasury Inflation-Protected Securities (TIPS) bieten aus unserer Sicht ebenfalls langfristigen Wert. Bei den Unternehmensanleihen steht die Qualität weiterhin im Vordergrund, wobei wir in den USA und Europa weiterhin Investment Grade – Anleihen hoher Bonität – gegenüber High Yield bevorzugen.
  • Aktien: Einzelne Segmente von US-Aktien sind offenbar teuer. Wir bleiben hier vorsichtig und bevorzugen stattdessen US-Märkte mit gleichgewichtetem Ansatz, Value und Qualität. In Europa bevorzugen wir defensive und zyklische Qualitätswerte, die von Megatrends wie der Energiewende, der Elektrifizierung usw. profitieren sollten.
     
  • Schwellenländer: Die Aussichten für die Emerging Markets werden durch eine solide Binnennachfrage und die Zinswende der Fed gestützt. Wir gehen jedoch selektiv vor und bewerten die verschiedenen Risiken, einschließlich der geopolitischen Risiken. Wir bevorzugen insbesondere Hartwährungsanleihen und lokale Schuldtitel sowie Länder mit attraktiven Realrenditen, wie Indien und Brasilien. Auf der Aktienseite bevorzugen wir Südkorea, Indien, Brasilien und Südafrika.

 

Von Vincent Mortier, Group CIO Amundi und Matteo Germano, Deputy Group CIO Amundi

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