Müssen wir Globalisierung neu denken?

Die Frage, welche Auswirkungen die neue Rolle Chinas auf die globale Wirtschaft hat, stand im Fokus der jüngsten Investment Konferenz von Amundi. Der beliebte Expertentalk für Berater, Investoren und Analysten konnte auch diesmal wieder mit hochkarätigen Referentinnen und Referenten aufwarten und bot Mehrwert sowie Orientierung – auch zu vielen weiteren aktuellen Themen wie Zinspolitik, Konjunktur, Inflation oder Geopolitik. Und die Expertenrunde zeigte vor über 1.100 Online-Teilnehmenden klar auf: Komplexe Märkte erfordern flexible Investmentstrategien.  

Christian Pellis

„Amundis Zukunftsfähigkeit weiter ausgebaut“

Zur Begrüßung präsentierte Christian Pellis positive Nachrichten: „Wir von Amundi sind erfolgreich und mit Optimismus in dieses Jahr gestartet“, betonte der CEO von Amundi Deutschland. „Wir konnten Netto-Zuflüsse in Höhe von 16,6 Milliarden Euro generieren und unser verwaltetes Vermögen auf über 2,1 Billionen Euro steigern“. Auch mit zwei strategischen Kapitalmaßnahmen habe man die Zukunftsfähigkeit von Amundi weiter gefestigt, so Pellis: „Mit der Akquisition von Alpha Associates aus der Schweiz haben wir unsere Position im Privatmarkt ausgebaut und mit der Unterzeichnung eines strategischen Memorandums mit Victory Capital realisieren wir den Zugang zu einer breiteren Investitionsplattform in den USA.“ So passe sich Amundi immer wieder den sich verändernden Rahmenbedingungen an und bietet seinen Kunden Lösungen, die ihren Bedürfnissen gerecht werden. Auch Amundi Deutschland hatte einen guten Start und schloss das erste Quartal 2024 mit 128,7 Mrd. Euro verwaltetem Vermögen ab.

Thomas Kruse

„Zinsschritte wohl später und weniger oft als erwartet“

Auch der CIO von Amundi Deutschland, Thomas Kruse, betonte in seinem Marktausblick die Vorzüge der Flexibilität, denn: „Geopolitische Herausforderungen werden uns verstärkt begleiten. Das ist ein Umfeld, in dem Multi-Asset-Portfolien ihre Stärken ausspielen können – wie man aktuell auch an den überzeugenden Renditen dieser Strategie sieht.“ Die derzeitigen Höchstkurse an den internationalen Aktienmärkten hätten zwar ihre Gründe – allen voran die stabile Konjunktur in den USA und vielen westlichen Industrieländern – aber im zweiten Halbjahr sei eine leichte Konsolidierung nicht unwahrscheinlich: „Wir sehen in den USA bereits erste Anzeichen einer Abschwächung des Wachstums und auch weiterhin relevante Inflation.“ Deshalb dürfte die US-Notenbank in diesem Jahr später und weniger oft als erwartet die Zinsen senken. Auch mit Blick auf die Neuausrichtung der chinesischen Wirtschaft diagnostizierte Amundis Chef-Stratege mittelfristig niedrigere Wachstumsraten der langjährigen globalen Konjunkturlokomotive.

Carsten Brzeski

„Rezession bleibt unwahrscheinlich“

Der Chefvolkswirt der ING Deutschland, Carsten Brzeski, bestätigte Kruses Analyse: „Der Inflationsdruck nimmt eher wieder zu als ab, wenngleich weder in den USA noch in Europa eine Rezession in Sicht ist“, so Brzeski. „Daher sollten sowohl Fed als auch EZB bei den Zinssenkungen zurückhaltend bleiben.“ Allerdings dürfte sich die EZB bereits im nächsten Jahr wieder mit einer erneuten geldpolitischen Wende konfrontiert sehen, sollte Donald Trump im Herbst ins Weiße Haus einziehen. China sei zwar mittlerweile „Systemrivale des Westens“, doch könnte das dortige schwache Wachstum das Reich der Mitte quasi zum „Exportland von Disinflation“ machen.

Björn Conrad

„China vereint staatliche Steuerung und innovatives Unternehmertum“

Licht und Schatten der neuen Wirtschaftsmacht China identifizierte Björn Conrad, CEO von Sinolytics und einer der renommiertesten China-Experten Deutschlands. „Die technologische Aufholjagd der letzten zehn Jahre war teils atemberaubend, das Leitmotiv der Transformation von der Werkbank zur Tech-Supermacht ist zu 90% bereits erfüllt“, so Conrad. Doch die Auswirkungen der Pandemie sowie die neue Rivalität mit den USA hätten nun die „alten Wirtschaftstreiber“ geschwächt, während die „neuen“ noch nicht greifen würden. „Zentraler Faktor ist der schwache Binnenkonsum als eine Folge der in China sehr restriktiven Covidzeit“, betonte der erfahrene Analyst. Trotz großer Herausforderungen, etwa im Immobiliensektor, bewertete Björn Conrad die Fähigkeit Chinas, auf dem Pfad zum technologischen Powerhouse fortzuschreiten, positiv: „Die einzigartige Mischung aus staatlicher Steuerung und wildem, innovativen Unternehmertum – wie wir es beispielsweise aktuell im KI-Sektor sehen – bleibt ein wichtiger Erfolgsfaktor.“

Christian Zimmermann

„China bekommt stärkeren Gegenwind“

Als Investmentpraktiker vertiefte Fondsmanager Christian Zimmermann von Amundi den Blick auf die aktuellen Herausforderungen Chinas. Die hohe Verschuldung im Immobiliensektor, die aus mangelndem Vertrauen und tendenziell sinkenden Preisen resultierende Konsumzurückhaltung sowie die generelle Deflationstendenz würden die Konjunktur und damit auch den chinesischen Aktienmarkt belasten. Es gäbe zwar aktuell einige positive Anzeichen, dass China langsam „wieder zurückkommen“ könnte, doch: „Das wird mutmaßlich kein Bullenmarkt, eher ein Tradingmarkt, wie wir ihn früher in Japan gesehen haben.“ Ein solch komplexes Umfeld spreche aus Investorensicht eher für ein gut diversifiziertes Emerging-Markets-Portfolio mit China als einer von mehreren Schwellenländer-Regionen, betonte Zimmermann.

Prof. Dr. Moritz Schularick

„Die Globalisierung erfährt einen Paradigmenwechsel“

Anschließend referierte Prof. Dr. Moritz Schularick, Präsident des Kiel Institut für Weltwirtschaft, zum Stand der Globalisierung und der Weltwirtschaft von morgen. „Wir sehen momentan, dass das Prinzip Wandel durch Handel zwar sein Wohlstandsversprechen eingelöst, nicht aber das Sicherheitsniveau der Welt verbessert hat“, erklärte Prof. Schularick, der einen Paradigmenwechsel in der Geopolitik diagnostizierte. „Der stärkeren Berücksichtigung von Risiken der Globalisierung wird künftig ein noch härteres Abwägen von Kosten und Nutzen folgen“, so der international renommierte Professor für Volkswirtschaftslehre. Klassische Machtpolitik stehe somit vor einer Renaissance. Deshalb sollte Deutschland zum einen den engen Schulterschluss in Europa suchen sowie die „hausgemachten Herausforderungen“ – allen voran den demographischen Wandel, Rückstände bei Digitalisierung und Infrastruktur oder die Strukturkrise der Autoindustrie – konsequent angehen.  

Helen Windischbauer

„Multi-Asset-Strategien sind eine gute Antwort auf komplexe Märkte“

Fondsmanagerin Helen Windischbauer, Head of Multi Asset Solutions bei Amundi Deutschland, bestätigte die wachsende Bedeutung der Geopolitik für Kapitalanleger, betonte aber die Notwendigkeit der Fokussierung auf wirtschaftliche Schlüsselfaktoren bei der konkreten Anlageentscheidung: „Inflationsdaten, Zinspolitik und Konjunkturzahlen müssen analysiert und in ihren Auswirkungen auf einzelne Anlageklassen gegeneinander abgewogen werden“, erklärte die erfahrene Marktexpertin, die das komplexe, globale Transformationsszenario als gutes Terrain für Multi-Asset-Portfolien sah: „Multi-Asset-Strategien können hier eine gute Antwort sein, um Themen flexibel im Portfolio zu berücksichtigen sowie geopolitische Risiken – mit Beimischungen wie etwa Gold – abzupuffern.“ Gerade in einem Umfeld globaler Wachstumsschwäche blieben Bonds attraktiv, aber auch für Aktien sei man selektiv positiv: „Wir sehen vor allem in Europa eine positive Dynamik und vergleichsweise gute Bewertungen. Im Bereich der Emerging Markets könnten Länder wie Indien von den geopolitischen Veränderungen profitieren.“ Wichtig bleibe für Anleger in einem dynamischen Umfeld flexibel, aktiv und breit diversifiziert zu sein, denn, so Windischbauer: „Aktuelle Chancen sollte man auch nutzen!“       

Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 08.05.2024. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.